Zum Film
1989 während der ersten Intifada drehte ich den Film „Intifada – Auf dem Weg nach Palästina“ über den vielfältigen zivilen Widerstand eines Dorfes in der Nähe von Bethlehem. Dabei nahm ich ganz bewusst die subjektive Perspektive der Dorfbewohner ein. Nach einer Straßenschlacht in der Altstadt von Bethlehem machte der Fotograf Ralf Emmerich ein Foto von sechs kleinen Jungen, die selbstbewusst in die Kamera lachten und die Finger zum Siegeszeichen spreizten. Dieses Bild ist für mich zu einem Symbol des Widerstandes gegen die Besatzermacht geworden.
Die Generation der Jungen ist in der Zeit der Verhandlungen und Oslo-Verträge aufgewachsen, mit der Hoffnung auf die Gründung eines freien und unabhängigen Staates Palästina. Ihr größter Wunsch heute ist es, einen ordentlich bezahlten Job zu finden, ihren Kindern eine Zukunft bieten zu können und endlich einmal wieder ans Meer fahren zu können. Davon sind sie weiter entfernt denn je.
Zwanzig Jahre später, nachdem die Hoffnungen zerschlagen sind, machte ich mich auf die Suche nach ihnen. Ich wollte herausfinden, was aus ihnen geworden ist. Wie sieht das Leben dieser jungen Männer in Bethlehem aus, abgeschottet von der Welt hinter einer Mauer, ohne Bewegungsfreiheit und abgeschnitten von Arbeitsmöglichkeiten, die ihnen und ihren Familien ein ausreichendes Einkommen verschaffen würden? Welche Zukunft sehen sie für sich und ihre Kinder? Welche Fluchtträume entwickeln sie und welche Strategien, um ihr schwieriges Leben dennoch lebenswert zu machen? Sie versuchen vor allem eins: zusammenzuhalten.
Was mich, und nahezu alle, die an diesem Film mitgearbeitet haben, am meisten beeindruckt, ist die Lebendigkeit, die Kraft, die Direktheit und der Humor dieser jungen Männer – die vom Großteil des westlichen Publikums nur als Opfer oder als finstere Gestalten, die Selbstmordattentate begehen, wahrgenommen werden.
Die Jungen auf dem Foto zeigen mir die Hoffnung, die es einmal gab. Die Männer unseres Films vermitteln mir den Willen, durchzuhalten und sich nicht unterkriegen zu lassen. Wie lange kann man die menschliche Hoffnung auf ein ganz normales Leben, Lernen und Arbeiten enttäuschen?